Der Einstieg in agile Arbeitsweisen gelingt oft über kleine, eingespielte Teams – hier lassen sich Methoden und Rollen leicht erproben. Doch was im Kleinen funktioniert, stößt bei komplexen Strukturen schnell an Grenzen. Pilotprojekte bieten einen guten Start, machen aber beim Skalieren deutlich: Mit wachsender Wirkung steigen auch Komplexität, kulturelle Unterschiede und Abstimmungsbedarf.
Ein konkretes Beispiel – eine große deutsche Krankenkasse hat den Übergang zu agilen Arbeitsweisen nicht auf einen Schlag umgesetzt, sondern in mehreren klaren Phasen:
- Erste agile Pilotprojekte in kleinen Einheiten, etwa im Kundenservice.
- Schulungen und Trainings für alle Mitarbeitenden – unabhängig von Bereich oder Funktion.
- Einführung neuer Rollen wie Prozessverantwortliche und Management-Koordinatoren
- Neue teamübergreifende Kollaborationsformate, um Silos gezielt aufzubrechen.
Besonders auffällig: Der Fokus lag nicht auf Tools oder Methoden, sondern auf Haltung, Rollen und Kollaboration.
Skalierung braucht mehr als Copy & Paste
Ein häufiger Irrtum bei der Skalierung: Man nimmt ein erfolgreiches Team-Setup und multipliziert es auf andere Abteilungen. Doch unterschiedliche Voraussetzungen – bspw. differenzierende Prozesslogiken oder Spezialisierungen – machen eine 1:1-Übertragung meist unmöglich.
Es bedarf Strukturen, die nicht nur Einzelteams, sondern das Zusammenspiel zwischen Bereichen unterstützen. Dazu gehören:
- Abstimmungsformate, die regelmäßig bereichsübergreifende Koordination ermöglichen.
- Rollen, die Verantwortung jenseits von disziplinarischer Führung übernehmen.
- Unterstützende Führungskräfte, die nicht kontrollieren, sondern Entwicklung ermöglichen.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die enge Zusammenarbeit von verschiedenen Fachbereichen. Agilität wirkt nur dann breit, wenn Verantwortung geteilt wird – statt Zuständigkeiten hin- und herzuschieben. So entsteht aus reaktivem Abarbeiten echte gemeinsame Produktverantwortung.
Skalierte Agilität heißt für uns: Vom Teamdenken zum Systemdenken.
Lessons Learned – Agilität wirksam skalieren
- Pilotprojekte sind ein Startpunkt – nicht das Ziel. Agilität muss für die Organisation weiterentwickelt werden.
- Rollen neu denken: Servant Leader & Co. bieten Orientierung jenseits klassischer Führung.
- Kollaborationsformate schaffen Verbindlichkeit und fördern bereichsübergreifende Verantwortung.
- Transparenz und Schulung befähigen die gesamte Organisation, nicht nur einzelne Teams.
- Skalierung braucht Coaching, mutige Führung und strukturelle Anpassungen – sonst bleibt der Effekt aus.